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Das häusliche Arbeitszimmer im Steuerrecht
Leitfaden zur steuerlichen Anerkennung der Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer

Tätigkeit: Berufliche oder betriebliche Voraussetzungen

Neben den räumlichen Voraussetzungen eines häuslichen Arbeitszimmers hat der Fiskus zwei hohe berufliche bzw. betriebliche Hürden vor der steuerlichen Anerkennung errichtet:

Wichtig: Die beiden Kriterien sind unabhängig voneinander zu prüfen:

Ganz gleich, ob letztlich die beschränkte oder die unbeschränkte Abzugsfähigkeit möglich ist: Pro Jahr erkennt der Fiskus nur ein Arbeitszimmer an. Ist in Ihrem Fall keine der beiden Bedingungen erfüllt, dürfen Sie die anteiligen Ausgaben für Ihr Arbeitszimmer nicht von der Steuer absetzen.

Bitte beachten Sie: Das Abzugsverbot bezieht sich nur auf die anteiligen Raum- und Ausstattungskosten. Ausgaben für Arbeitsmittel dürfen Sie auch dann geltend machen, wenn Sie die Gegenstände in privaten Räumen für beruflich oder betriebliche Zwecke nutzen! Mehr dazu weiter oben im Abschnitt Arbeitszimmer vs. Arbeitsmittel.

Mittelpunkt der Betätigung? Unbeschränkte Abzugsfähigkeit!

Den „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen“ bildet ein häusliches Arbeitszimmer nach Auffassung der Finanzbehörden immer dann, …

 „[…] wenn nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale dort diejenigen Handlungen vorgenommen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte betriebliche oder berufliche Tätigkeit wesentlich und prägend sind. Der Tätigkeitsmittelpunkt […] bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen.“ (BMF-Schreiben vom 2. März 2011)

Die Dauer der zeitlichen Nutzung wird dabei mit berücksichtigt - ist im Zweifel aber nicht ausschlaggebend:

Kernleistung entscheidet

Bei der Frage nach dem Tätigkeitsmittelpunkt kommt es also nicht vorrangig auf die anteilige Gesamt-Verweildauer an bestimmten Aufenthaltsorten an. Entscheidend ist vielmehr, an welchem Ort der qualitative Schwerpunkt überwiegend erbracht wird. Welche Handlungen oder Leistungsmerkmale für bestimmte Berufe oder Branchen wesentlich und prägend sind, ist nicht festgelegt. Auch hier müssen die Finanzämter und im Zweifel Finanzgerichte die Gesamtschau des Einzelfalls bewerten.

Exemplarische Zuordnung einzelner Branchen und Berufe

Unproblematisch ist die Frage nach dem Mittelpunkt der beruflichen Betätigung, wenn Arbeitnehmer oder Selbstständige ohnehin (nahezu) ausschließlich in heimischen Büros oder Werkstätten arbeiten. Das gilt zum Beispiel für …

Schwieriger gestaltet sich die Frage, wenn Steuerpflichtige ihre Leistungen vorwiegend bei Kunden, Klienten oder Mandanten oder in anderen außerhäuslichen Umgebungen ausüben. Das gilt zum Beispiel in vielen Fällen für …

Der Mittelpunkt der gesamten Betätigung solcher Steuerpflichtiger liegt nach Auffassung der Finanzbehörden und vieler Finanzgerichte üblicherweise auch dann nicht im heimischen Arbeitszimmer, wenn der Raum nachweislich für die Planung, Organisation, Auftragsakquisition, Buchführung und ähnliche wichtige Aufgaben genutzt wird. Und zwar selbst dann, wenn die in Heimarbeit erbrachten Nebenleistungen unterm Strich zeitlich gegenüber der Kernleistung überwiegen!

Wichtig: Die Zuordnung von Branchen und Berufen zu typischen (Kern-)Leistungsorten dient nur der Illustration. Wie unterschiedlich die Betrachtung ausfallen kann, zeigt das folgende Beispiel:

Berater-Beispiel

Hauptleistungsmerkmal eines Beraters ist die – in der Regel mündliche oder schriftliche – Beratungsleistung. Finden etwa die Beratungsgespräche eines Unternehmens-, Versicherungs- oder IT-Beraters üblicherweise beim Kunden statt, liegt dort in der Regel auch der Mittelpunkt der Betätigung. Das gilt selbst dann, wenn der Beratungstermin im heimischen Arbeitszimmer fachlich ausführlich vor- und nachbereitet wird.

Umgekehrt: Wird die eigentliche Beratungsleistung überwiegend im (dafür entsprechend eingerichteten) Home Office erbracht, befindet sich dort auch der Mittelpunkt der Betätigung. Daran ändern auch gelegentliche Vorbesprechungen oder Besichtigungen in Kundenräumen nichts. Ob die eigentliche Beratungsleistung letztlich in Gesprächsform oder schriftlichen Handreichungen besteht, ist ebenfalls nachrangig.

Erbringt ein Berater seine Kern-Beratungsleistungen abwechselnd daheim und an außerhäuslichen Arbeitsorten (z. B. bei Kunden), bildet das häusliche Arbeitszimmer immer dann den Mittelpunkt der gesamten Betätigung dar, wenn dort mehr als 50 % aller Beratungszeiten stattfinden.

Lektüretipp: Weitere Beispiele, in denen Finanzgerichte für ein häusliches Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Betätigung festgestellt bzw. versagt haben, finden sich auf Seite 6 des BMF-Schreiben zum häuslichen Arbeitszimmer.

Kombi-Konstellationen: Mehrere Tätigkeiten oder Beschäftigungen

Ob bestimmte Handlungen und Leistungen „wesentlich und prägend“ sind und den „inhaltlichen Schwerpunkt“ einer Betätigung bilden, ist bereits bei einer einzigen Tätigkeit schwer zu beurteilen. Noch schwieriger wird die Sache, wenn der Steuerpflichtige in ein und demselben Jahr mehrere selbstständige und / oder Arbeitnehmertätigkeiten ausübt.

Vorweg: Grundsätzlich gilt das „Highlander“-Prinzip („Es kann nur eines geben!“) . Das Einkommensteuergesetz verlangt eine Gesamtbetrachtung („Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung“). Bei mehreren Tätigkeiten gelten die folgenden widerlegbaren Annahmen:

Wichtig: Entscheidend für die Zulässigkeit des unbeschränkten Kostenabzugs ist zwar die Gesamtbetrachtung aller Tätigkeiten zusammen. Wenn Sie unterschiedliche Einkünfte erzielen, müssen Sie die Gesamtkosten des häuslichen Arbeitszimmers aber trotzdem auf die tatsächlichen zeitlichen Nutzungsanteile der verschiedenen Einkunftsarten aufteilen! Bildet das häusliche Arbeitszimmer bei einer Tätigkeit zwar nicht den qualitativen Mittelpunkt dieser Tätigkeit, wird aber für deren Zwecke genutzt, muss der betreffende Anteil bei der Ermittlung der Betriebsausgaben / Werbungskosten berücksichtigt werden.

Kein anderer Arbeitsplatz? Beschränkte Abzugsfähigkeit!

Falls Ihr häusliches Arbeitszimmer nicht den qualitativen Mittelpunkt Ihrer Tätigkeit bildet, kommt der unbeschränkte Abzug der dazugehörigen Aufwendungen nicht infrage. Im zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die Bedingung für die „beschränkte Abzugsfähigkeit“ erfüllt ist. In § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG heißt es dazu:

„… wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht […] wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1 250 Euro begrenzt;“

Als „anderer Arbeitsplatz“ gilt aus Sicht der Finanzbehörden „grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist“. (BMF-Schreiben vom 2. März 2011). Bestimmte qualitative Anforderungen muss der (Haupt-)Arbeitsplatz nicht erfüllen: Weder hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf einen separaten, ruhigen oder mit bestimmten Arbeitsmitteln ausgestatteten persönlichen Arbeitsbereich. Auch die subjektive Zufriedenheit (z. B. Ungestörtheit, Konzentrationsfähigkeit, Wohlbehagen etc.) spielt eine Rolle. Ein Schreibtisch mit Stuhl und büromäßigen Arbeitsmitteln in einem Großraumbüro stellt aus Sicht der Finanzämter also einen anderen Arbeitsplatz dar.

Keine Pauschale: Einmaliger und objektbezogener Maximalbetrag!

Bei der Begrenzung auf 1.250 Euro handelt es sich um eine Höchstgrenze – nicht etwa um eine Pauschale (wie etwa beim Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 1.000 Euro). Auch beim begrenzten Steuerabzug müssen Sie Ihre Ausgaben für das häusliche Arbeitszimmer daher einzeln anhand von Belegen nachweisen können.

Um einem weiteren Missverständnis vorzubeugen: Auch wenn Sie mehrere betriebliche oder berufliche Tätigkeiten ausüben und unterschiedliche Einkunftsarten erzielen, dürfen Sie den Höchstbetrag nur einmal geltend machen. Das gilt auch für Ehepaare und andere Steuerpflichtige, die ein und denselben Raum für verschiedene Zwecke nutzen. Im BMF-Schreiben heißt es dazu ausdrücklich:

„Der Betrag von 1.250 Euro ist kein Pauschbetrag. Es handelt sich um einen objektbezogenen Höchstbetrag, der nicht mehrfach für verschiedene Tätigkeiten oder Personen in Anspruch genommen werden kann, sondern ggf. auf die unterschiedlichen Tätigkeiten oder Personen aufzuteilen ist.“

Arbeitnehmer ohne „anderen Arbeitsplatz“

Wenn Sie Arbeitnehmer sind und Ihr Arbeitgeber Ihnen keinen eigenen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen kann (oder will), dürfen Sie die Raum- und Ausstattungskosten Ihres häuslichen Arbeitszimmers von bis zu 1.250 Euro als Werbungskosten geltend machen. Die Frage nach dem „Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen“ spielt keine Rolle.

Der Steuerpflichtige muss aber plausibel machen können, dass für die konkrete berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Am besten lassen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber daher eine schriftliche Bestätigung über das Fehlen eines geeigneten Arbeitsplatzes geben. Bei bestimmten Berufsgruppen akzeptieren die Finanzämter das Fehlen eines anderen Arbeitsplatzes inzwischen meist anstandslos. Das ist zum Beispiel bei Lehrern der Fall, denen kein Arbeitsplatz für die Unterrichtsvor- und –nachbereitung zur Verfügung gestellt wird. Tische und Stühle in Klassen- und Lehrerzimmern gelten dabei nicht als „andere Arbeitsplätze“ im Sinne des Einkommensteuergesetzes.

Typische Angestellten- oder Beamtentätigkeiten, bei denen das Fehlen eines Arbeitsplatzes beim Arbeitgeber von Finanzämtern häufig akzeptiert wird, sind zum Beispiel:

Bitte beachten Sie: Das Fehlen eines geeigneten Arbeitsplatzes kann auch zeitlich begrenzt sein. So zum Beispiel für den Zeitraum von Umbauten, Renovierungsarbeiten, nächtlichen oder Wochenend-Bereitschaftsdiensten. Auch die Einrichtung sogenannter Telearbeitsplätze, bei denen der Arbeitnehmer auf Weisung seines Chefs an einem oder mehreren Tagen pro Woche daheim arbeitet, kann die Annahme eines fehlenden „anderen Arbeitsplatzes“ rechtfertigen.

Selbstständige ohne „anderen Arbeitsplatz“

Für Freiberufler und Gewerbetreibende gilt die Vorschrift über die beschränkte Abzugsfähigkeit der Kosten eines (zusätzlichen) häuslichen Arbeitszimmers grundsätzlich auch – allerdings ist der Nachweis erfahrungsgemäß schwieriger. Sie müssen glaubhaft machen können, dass die Einrichtung eines büromäßigen Arbeitsplatzes in der Betriebsstätte nicht praktikabel oder zumutbar ist. Denkbar ist das zum Beispiel bei …

… in denen die Erledigung von Verwaltungsarbeiten nicht möglich ist.

Bitte beachten Sie: Bei hauptberuflichen Freiberuflern und ähnlichen Selbstständigen, deren Wohnung zugleich der (einzige) Unternehmensstandort ist, werden heimische Büro- und Praxisräume in aller Regel anstandslos als häusliche Betriebsstätte anerkannt. Da es sich in dem Fall nicht um ein (zusätzliches) häusliches Arbeitszimmer handelt, ist die komplizierte Prüfung des qualitativen Mittelpunkts der Tätigkeit oder der Existenz eines „anderen Arbeitsplatzes“ von vornherein entbehrlich. Mehr dazu weiter oben im Abschnitt Arbeitszimmer vs. häusliche Betriebsstätte“.

 

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